Mein selbstständiger Unterricht hat begonnen und mit ihm hat auch mich der allgemeine Stress der Referendare eingeholt. Unterrichtsvorbereitung, Unterrichtsvorbereitung, Unterrichtsvorbereitung, wann ist endlich wieder Wochenende?
Ich habe durch meine Fächer Physik und Erdkunde nur zweistündige Kurse und unterrichte leider auch keine Klasse in beiden Fächern. Um so mehr Namen muss ich lernen. Nach fünf Wochen bin ich noch immer nicht bei allen Namen sicher. Das scheint zwar nicht ungewöhnlich zu sein, ärgert mich aber dennoch.
Nun sind auch noch Ferien – danach sind mir sicherlich wieder mehr Namen ungewiss.
In den fünf Wochen habe ich drei, nein vier, fünf weitere Hospitationen gehabt. Eine davon bei meiner Hauptseminarleitung, alle anderen als KGH oder von meinen Mentoren.
Hospitationen sind Teil meiner Ausbildung. Ihren Zweck sehe ich darin, von Außenstehenden eine Rückmeldung zu erhalten und so meine Selbstwahrnehmung mit einer Fremdwahrnehmung abgleichen zu können und ggf. Korrekturen vorzunehmen.
Korrekturen.
Korrekturen woran?
Korrekturen an meinem Verhalten?
Korrekturen an meinem Unterricht?
Korrekturen an meiner Unterrichtsvorbereitung?
Korrekturen auch an mir? Wie soll das gehen? Und wie bin ich, wenn ich korrigiert bin?
Es kann wohl nicht ernsthaft um mich gehen – aber um meinen Unterricht, dessen Vorbereitung und dererlei. Und korrekt ist (hoffentlich?) der Unterricht mit dem ich bei einer Lehrprobe Chancen auf eine gute Note hätte.
Selbstwahrnehmung. Darüber muss ich erst einmal nachdenken. Wie nehme ich mich denn wahr? Muss aber sein, weil mir sonst ja kein Vergleich möglich ist.
Karten auf den Tisch! Ich komme leider oft nur dazu meinen Unterricht sehr knapp vorzubereiten und meistens hangel ich mich eher von Stunde zu Stunde als dass ich ein fertiges Konzept für die ganze Unterrichtseinheit hätte, welches ich verfolgen könnte. Am Anfang war mein Ziel, möglichst immer komplette Unterrichtseinheiten zu planen – aber die Realität hat mich erschreckend schnell eingeholt. Mühsam hangelt sich der Referendar von einer Stunde zur nächsten. Manchmal wünsche ich mir sogar fachlich besser vorbereitet zu sein – tiefer in einem Thema eingetaucht zu sein bevor ich es im Unterricht behandeln lasse.
Erschreckend.
Dafür laufen andere Dinge auch ganz gut:
Bisher habe ich mich ein einziges Mal verspätet – und das kann ich auf höhere Gewalt zurückführen.
Außerdem bin ich – wenn ich vorbereitet bin auch ganz gut vorbereitet. Leider neige ich allerdings gerade bei meinen 11. Klassen dazu, davon auszugehen, dass es schon laufen wird – und plane dann auch mal etwas weniger genau als möglich. Rächt sich leider meistens. Muss ich wohl mal abstellen.
Wie gesagt, in den meisten Stunden habe ich zumindest einen ganz guten Verlaufsplan. Meistens steht da aber weit mehr drauf als ich (oder wir?) in der jeweiligen Stunde schaffen.
Muss ich schneller (aka strukturierter) werden oder müssen meine Ansprüche sinken (aka der Realität angepasst werden)?
Wenn ich darüber nachdenke, muss ich wohl genauer mit mir selbst klären, was ich in der Stunde erwarte und erreichen möchte und die Stundenplanung dann genau daraufhin ausrichten. Stichwort: Ziele Definieren.
Außerdem stelle ich fest, dass ich noch nicht die Sicherheit ausstrahle, die ich von einem Kapitän erwarte. Eine klare „Struktur“ für den Unterricht – gewissermaßen eine Seekarte – könnten mir dabei gewiss helfen. Her damit!
Während ich diese Zeilen tippe und mir Gedanken darüber mache, ob es gut ist, so viele Schwächen einzugestehen – vielleicht sogar öffentlich – fällt mir Thomas Häckers Vortrag über Portfolios (in der Lehrerbildung) ein. Er führt seit längerem einen kritischen Diskurs über das neoliberale Moment der Portfolioarbeit.
„Kümmer Dich nur ja darum, immer höher, schneller und weiter zu kommmen!“, „Wenn Du es nicht schaffst, dann bist Du wohl nicht (gut/ reflektiert/ engagiert) genug!“, „Du hast Dein Schicksal selbst in der Hand!“, „Mach was Du willst! Erfülle dabei aber immer alle Erwartungen die irgendwie, diffus an Dich gestellt werden!“ …
Wenn ich darüber nachdenke, sollte ich wohl besser nicht hier in aller Öffentlichkeit „die Hosen runterlassen“ und mich besser wie in einer ständigen Prüfungssituation verhalten. P-p-p-poker face, p-p-poker face!
Tue ich aber nicht.
Anderen geht es vermutlich ganz genau so wie mir, die sagen aber vermutlich einfach nur nichts.
Der Vortrag ist über das Internet der Uni-Hamburg erreichbar. Da ich das Video auf der Seite nicht vergrößern konnte, habe ich es hier direkt verlinkt. Kommentare zum Video schreibt Ihr aber bitte auf der Seite der Uni-Hamburg!
Von Thomas Häckers Vortrag laufen etliche Gedankenstränge in unterschiedlichste Richtungen. #Trennung von Bildung und Prüfung #Rollenkonflikt #Wellensiek-Seminar #Portfolioprüfung #Projektmethode #Treibhäuser der Zukunft #Reinhard Kahl #Projektmethode #Offener Unterricht #Offene Schule #Demokratische Schule #Heterogenität
Zu viele Gedanken für einen Portfolioeintrag.
Ich mache hier einen Schnitt und befasse mich erst einmal mit den ganzen Hospitationen – die in der Zwischenzeit weiter liefen.
[…] ein Wandersatz « Hospi Hospi Tätärä! […]